Hier bloggen unsere Referenten und Dozenten zu praktischen Beispielen aus Ihrem Berufsalltag, die für Sie einen Mehrwert bieten können. Den Anfang macht heute Rechtsanwalt Goetz Michaelis, Dozent unserer Seminare „Abrechnungsstreit“ und „Nachtragsmanagement“ zum Thema:
Wie kann die VOB/B speziell mit privaten Bauherren Vertragsbestandteil werden?
Grundlage:
Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 25.11.2011–2U 11/11BGH, Beschluss vom 11.04.2013 – VII ZR 261/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Sachverhalt:
Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) Der Auftraggeber – eine Privatperson- und der Auftragnehmer- ein SHK-Handwerksbetrieb -streiten darüber, ob die Kündigung eines bereits im Jahre 2006 geschlossenen Vertrages über eine Warmwasser- und Heizungsanlage aus wichtigem Grund berechtigterweise erfolgt ist. Entscheidend war dabei, ob dem Handwerksbetrieb als Auftragnehmer ein Anspruch auf Abschlagszahlung nach der VOB/B zugestanden hatte, die vom Auftraggeber nicht gezahlt worden war.
2006 stand dem Auftragnehmer ein Recht auf Abschlagszahlungen grundsätzlich nur bei Einbeziehung der VOB/B ohne Weiteres zu. Der entsprechende Werkvertrag war in den Geschäftsräumen des Auftragnehmers geschlossen worden. Im Werkvertrag wurde auf die VOB/B verwiesen und dargelegt, dass der Text der VOB am Ort und zur Zeit des Vertragsschlusses zur Einsicht ausgelegt worden ist. Der Unternehmer vertritt daher die Auffassung, dass die VOB/B wirksam Vertragsbestandteil geworden ist, während der private Auftraggeber dies gerade bestreitet.
Urteil:
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Zweibrücken wurde vorliegend die VOB/B wirksam in den Werkvertrag mit einbezogen und mithin vereinbart.
Will der Auftragnehmer als Verwender des Vertrages die VOB/B gegenüber einem nicht im Baubereich bewanderten Vertragspartner einbeziehen, gilt die Sonderregelung des § 305 Abs. 2 BGB.
Voraussetzung ist danach für die Einbeziehung der VOB/B im Wesentlichen, dass
- der Verwender den Vertragspartner bei Vertragsabschluss ausdrücklich auf die VOB/B hinweist,
- der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu nehmen und
- die andere Vertragspartei der Geltung der VOB/B auch zustimmt.
Vorliegend hat es nach der Auffassung des OLG genügt, dass der Text der VOB/B am Ort und zur Zeit des Vertragsschlusses zur Einsicht ausgelegt worden ist. Dies umso mehr, als der private Auftraggeber diesen Passus im Vertrag durch seine Unterschrift bestätigt hat.
Mithin war vorliegend die VOB/B wirksam einbezogen worden.
Fazit:
Ob die VOB/B oder das BGB Vertragsbestandteil geworden sind, kann erhebliche Konsequenzen für AG und AN haben:
- Exemplarisch gibt es bei einem BGB-Vertrag anders als beim VOB-Vertrag ein Rücktrittsrecht.
- Bei einem BGB-Werkvertrag beginnt die 3-jährige Verjährungsfrist für die Werklohnforderung bereits am Ende des Jahres, in dem die Arbeiten fertiggestellt/abgenommen worden sind. Fälligkeitsvoraussetzung für einen VOB-Werkvertrag hingegen ist nicht nur die Abnahme, sondern auch die Stellung der Schlussrechnung und der Ablauf der einmonatigen Prüffrist . Dies hat zur Konsequenz, dass die Verjährung im Einzelfall zwischen BGB- und VOB-Werkvertrag deutlich anders zu beurteilen sein kann.
- Die bedeutsame Sonderregelung des § 4 Abs. 7 VOB/B gilt nur bei wirksamer Einbeziehung der VOB/B. Das hat zur Folge, dass bei einem VOB-Vertrag der Auftragnehmer vor der Abnahmezur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung mit Kündigungsandrohung und anschließender Kündigung gezwungen werden kann.
Auftraggeber und Auftragnehmer sollten daher genauestens darauf achten, dass – sofern sie die VOB/B einbeziehen wollen – dies klar und eindeutig geschieht!
Sinnvoll dürfte es sein, dass entweder nachweisbar der Text der VOB/B den privaten Bauherren mit übersandt wird, oder aber dass zumindest der Passus, dass die VOB/B Vertragsbestandteil wird und der privaten Auftraggeber Kenntnis vom Text der VOB/B erhalten hat, gesondert vom Auftraggeberunterschrieben wird in dem Werkvertrag. Anderenfalls besteht stets das Problem, dass in einem Rechtsstreit z.B. mit Hilfe von Zeugen versucht werden muss, den Beweis für die Einbeziehung der VOB/B zu führen, was regelmäßig mit erheblichen Prozessrisiken verbunden ist.
Der bloße Hinweis in einem Vertragstext, dass die VOB/B Grundlage des Vertrages sei, reicht nicht aus, um die VOB/B wirksam in den Vertrag einzubeziehen. Dies gilt jedenfalls bei nicht im Baugewerbe tätigen oder sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartnern.
(OLG Koblenz, Urteil vom 04.01.2013 – 8 U 87/12; BGH, Beschluss vom 21.11.2013 – VII ZR 22/13 Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Autor:
Rechtsanwalt Goetz Michaelis
Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht
ANWALTSKANZLEI MICHAELIS, Werne
www.anwaltmichaelis.de