Jedes Jahr werden in Deutschland rund 70.000 Unternehmensnachfolgen abgewickelt. Und eine unbekannte, aber nicht zu unterschätzende Zahl von Unternehmern schieben wirtschaftlich und demographisch überfällige Entscheidungen vor sich her, weil sie über die Gestaltung der Unternehmensnachfolge unsicher sind. Wir sagen: Jeder Unternehmer, der eine Unternehmensübertragung zu Lebzeiten plant, benötigt eine qualifizierte umfassende Beratung, ebenso, wie jeder Unternehmer, der für die Unternehmensnachfolge im Todesfall vorsorgen will. Bei beidem stellen sich häufig familiär-psychologische Barrieren, die nicht zu unterschätzen sind.
Begriff der Unternehmensnachfolge
Zumeist wird unter Unternehmensnachfolge die Weitergabe des eigenen Unternehmens an die kommende Generation verstanden. Doch dieses Verständnis springt zu kurz.
Denn eigentlich ist der Begriff „Unternehmensnachfolge“ irreführend gewählt. Denn im eigentlichen Sinne geht es nicht darum ein Nachfolgeunternehmen zu gründen, sondern ein bestehendes Unternehmen soll möglichst erhalten bleiben. Nicht die Zeit des Unternehmens läuft ab, wodurch eine Nachfolge erforderlich wird. Vielmehr ist es der Unternehmer, dessen Tage gezählt sind, und dem daher ein anderer Unternehmer nachfolgen soll, damit dieser den weiteren Fortbestand des Unternehmens sichern kann.
Richtiger wäre es vor diesem Hintergrund also, nicht von Unternehmensnachfolge sondern von „Unternehmernachfolge“ zu sprechen.
Unternehmens-/Unternehmernachfolge meint mithin die Überleitung der Eigentümerstellung von einer oder mehreren natürlichen Personen an einen oder mehrere Nachfolger zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens. Es handelt sich um eine Gestaltungsaufgabe, die ausschließlich in Familienunternehmen eine Rolle spielt.
In vielen Fällen stammt der potentielle Nachfolger aus der Familie des aktuellen Eigentümers, der das Unternehmen entweder selbst gegründet oder ebenfalls von seinen Vorfahren übernommen hat. Die Erhaltung des Familienunternehmens für die Familie zählt hierbei oftmals zu den wesentlichen Gestaltungszielen.
Nachfolge als Risiko für den Bestand des Unternehmens
Die Unternehmensnachfolge erweist sich in der Realität als eine äußerst kritische Situation im Lebenszyklus von Familienunternehmen. Wenn auch die Übergabe von der ersten in die zweite Unternehmergeneration noch vergleichsweise häufig gelingt, nimmt die Erfolgswahrscheinlichkeit mit zunehmender Anzahl der Nachfolgegenerationen ab. So sagte bereits Otto Fürst von Bismarck: „Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt“.
Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Sie reichen von zunehmender Entfremdung vom Unternehmen und den familiären Strukturen, über wirtschaftliche Schwierigkeiten, den Mangel an geeigneten Nachfolgern bis zu juristischen und/oder steuerlichen Fallstricken. Hinzu kommt oftmals, dass mit zunehmender Zahl der Beteiligten auch die Zahl der zu berücksichtigenden Interessen steigt. Diese müssen für die Unternehmensnachfolge entweder berücksichtigt oder – dann aber nach übereinstimmendem Willen aller – bewusst ausgeklammert werden.
Nachfolge als Risiko für das Familienvermögen
Nicht selten ist im Unternehmen der wesentliche Teil des Vermögens der Unternehmerfamilie gebunden. Wirtschaftliche Schwierigkeiten wirken sich, insbesondere bei kleineren Unternehmen sehr schnell und unmittelbar auf den Wohlstand und den Lebensstandard der Unternehmerfamilie aus. Häufig ist ein Nichtgelingen in der Unternehmensnachfolge für die beteiligten Familien ein Bedrohung der Existenz. Hinzu kommt oft, dass das in der Familie insgesamt vorhandene Vermögen nicht ausreicht, eine wirtschaftliche Gleichbehandlung sämtlicher gesetzlicher Erben zu gewährleisten. Hierdurch wird die Unternehmensnachfolge zusätzlich erschwert.
Das Thema der Nachfolge ist daher auch für solche Familien von immenser wirtschaftlicher Bedeutung, die beispielsweise aus den Erträgen des Unternehmens einen größeren Gesellschafterkreis versorgen müssen.
Vor diesem Hintergrund ist es auch für die nicht in die Unternehmens-/Unternehmernachfolge nachrückenden Familienmitglieder von großem Interesse, wie sich die Nachfolge gestaltet und dass das Unternehmen als wirtschaftliche Grundlage des Familienvermögens erhalten bleibt. Dies gilt in besonderer Weise natürlich auch für den abgebenden Unternehmer, der sich oftmals aus den Erträgen des Unternehmens zu bestreitende Versorgungsleistungen oder Nießbrauchsrechte vorbehält.
Nachfolge im Familienunternehmen als Gestaltungsaufgabe
Sowohl gesamtwirtschaftliche als auch individuelle Gründe sprechen eindeutig dafür, die Unternehmensnachfolge so sorgfältig zu regeln und vorzubereiten, dass sie im Ergebnis erfolgreich verläuft. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die unmittelbar und mittelbar Betroffenen sich auf ein akzeptables und objektiv tragfähiges Nachfolgemodell verständigen und dieses anschließend konsequent umsetzen. Hierbei sind neben den individuellen Interessen der Beteiligten auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie das Marktumfeld des Unternehmens zu berücksichtigen.
Zivil- und steuerrechtlich stellen sich bei der Gestaltung der Nachfolge vielfältige Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Die rechtlichen und steuerlichen Aspekte sind bei einer erfolgreichen Nachfolgelösung zwar nicht isoliert zu betrachten, Fehler in diesem Bereich sind andererseits aber durchaus geeignet, ein sonst tragfähiges Nachfolgekonzept zum Scheitern zu bringen.
Vor diesem Hintergrund stellt die Planung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge eine interdisziplinäre Herausforderung dar, bei der menschliche, familiäre, betriebswirtschaftliche, rechtliche, steuerrechtliche und viele andere Aspekte mehr zu berücksichtigen sind. Deshalb ist es Aufgabe sowohl der Betroffenen als auch ihrer Berater, bei aller Liebe zum Detail das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren.
Frühzeitig in die Nachfolgeplanung einbezogen werden müssen daher Steuerberater, Rechtsanwalt und Notar. Nur mit ihrer Unterstützung lassen sich die richtigen finanziellen sowie steuerlichen Lösungen für eine möglichst reibungslose Übergabe finden und dann wasserdicht in Vertragsform fassen. Diese Experten können auch wertvollen Rat geben und ihre Kontakte nutzen, falls in der Verwandtschaft kein passender Kandidat gefunden wird und ein Familienfremder übernehmen soll. Das kann der Manager eines anderen Betriebs sein, aber auch ein unternehmerisch fähiger eigener Mitarbeiter.
Sechs Kardinalfehler
Was Sie bei der Nachfolge keinesfalls tun dürfen
Zu spät beginnen: Planung und Umsetzung des Generationswechsels dauern gut zehn Jahre. Erweist sich etwa der Wunschkandidat doch als ungeeignet, braucht es Zeit für die Suche eines anderen Nachfolgers. |
Erbrecht vergessen: Bei mehreren Kindern oder Patchworkfamilien ist ein Testament Pflicht, denn ohne gilt das Erbrecht. Dann muss etwa der, der den Betrieb übernimmt, die Geschwister sofort auszahlen. |
Kinder bevorzugen: Sollen sie auch ohne unternehmerische Begabung unbedingt an die Spitze, fährt der Betrieb an die Wand. Gibt es in der Familie keinen Nachfolger, können Mitarbeiter oder Externe einsteigen. |
Mitarbeiter ignorieren: Nur wenn der Nachfolger rechtzeitig vorgestellt wird, kann er mit seiner Person und seinen Plänen überzeugen. Regeln Sie, sobald der Kandidat ausgewählt ist, wer wann welche Verantwortungsbereiche übernimmt – und teilen Sie dies allen Beschäftigten mit. |
Weiter mitmischen: Der Senior klebt am Tagesgeschäft, der Junior verfolgt schon seine Pläne, es kommt zum Streit. Kurzes Parallelarbeiten zur Übergabe ist bei abgegrenzten Aufgaben sinnvoll. Aber der Senior sollte sich rasch zurückziehen und nur als Berater zur Verfügung stehen. |
Investitionen verschleppen: Viele übergabewillige Chefs gehen wichtige Themen nur halbherzig an, obwohl der Nachfolger noch gar nicht angetreten ist. Oft unterbleiben wichtige Entscheidungen. Bei Finanzierungsthemen drohen so schnell existenzbedrohende Finanzierungslücke |
Autor:
Hendrik Meismann
Geuting vornholt feldhaus & partner mbB Steuerberater Rechtsanwalt