Wer kann eigentlich öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger werden und wie wird man es?
Die Handwerkskammer Dortmund hat ein Merkblatt zu den Bestellungsvoraussetzungen in ihrem Hause erstellt, das wir exemplarisch veröffentlichen dürfen.
Die öffentliche Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen Die Grundlagen und Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung und Vereidigung ergeben sich im Einzelnen aus den von den Handwerkskammern erlassenen Sachverständigenordnungen (SVO). Die SVO bestimmt das Auswahl- und Bestellungsverfahren, nach dem die Handwerkskammern die öffentliche Bestellung durchführen, normiert die Rechte und Pflichten der Sachverständigen und regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Sachverständigen und Kammer. |
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Die öffentliche Bestellung und Vereidigung zum/zur Sachverständigen stellt keine eigenständige Ausbildung dar, an deren Ende die Bestellung steht. Entsprechend erfolgt seitens der Handwerkskammer keine konkrete, gewerksbezogene Schulung bzw. Lehrgang, sondern der/die Bewerber:in muss über die besondere fachliche Qualifikation im betroffenen Handwerk bereits verfügen, diese aber in dem dargestellten, vorgeschriebenen Verfahren nachweisen. Bewerber:innen sollten sich auf eine Verfahrensdauer von ca. 1-2 Jahren einstellen bis es zur Vereidigung kommt. Die Kosten für das Verfahren variieren je nach Gewerk, in der Regel ab 2.500,- €. |
Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung und Vereidigung
1. Mehrjährige praktische Erfahrung im Handwerk sowie Qualifikationsvoraussetzungen
Öffentlich bestellte:r und vereidigte:r Sachverständige:r kann werden, wer in dem zu bestellenden Sachgebiet über eine ausreichende Lebens- und Berufserfahrung sowie die erforderliche fachliche Befähigung verfügt. In zulassungspflichtigen Handwerken der Anlage A zur Handwerksordnung entspricht die fachliche Befähigung den persönlichen Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle.
Neben einer mehrjährigen praktischen Tätigkeit im angestrebten Bestellungsgebiet besteht also entweder tatsächlich eine eigene Eintragung in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe (als Unternehmer*in oder in der Funktion eines Betriebsleiters/einer Betriebsleiterin). Oder aber es besteht zumindest die Möglichkeit zur eigenen Eintragung (in zulassungspflichtigen Handwerken ist dies z.B. in Regel die Meisterprüfung.)
Wer in einem Angestelltenverhältnis steht muss in jedem Fall eine Freistellungserklärung seitens des Arbeitgebers für die Sachverständigentätigkeit vorlegen.
Zuständig ist entweder die Handwerkskammer, bei der die Eintragung besteht oder in deren Bezirk der/die Sachverständige den Wohnsitz oder die Sachverständigenniederlassung hat.
2. Persönliche Eignung
Die persönliche Eignung liegt nur dann vor, wenn der/die Sachverständige die Gewähr für Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Glaubwürdigkeit und für die Einhaltung der Pflichten eines/r öffentlich bestellten Sachverständigen bietet. Die Person muss zuverlässig und in der Lage sein, den im Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit auftretenden physischen und psychischen Belastungen standzuhalten. Neben der fachlichen Eignung muss der/die Sachverständige die Gewähr dafür bieten, dass er/sie auch den körperlichen und geistigen Anforderungen des jeweiligen Sachgebietes gerecht wird. Bei Zweifeln obliegt es dem/r Sachverständigen, das Vorliegen der verlässlichen Leistungsfähigkeit nachzuweisen.
Vorzulegen sind u.a.:
- polizeiliches Führungszeugnis
- Auszug aus dem Gewerbezentralregister
- Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Finanzamt und Krankenkassen
3. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit
Der/die Sachverständige muss bei der Gutachtenerstattung oder der Erbringung sonstiger Sachverständigenleistungen persönlich und beruflich unabhängig sein. Er/sie muss die Gutachten in eigener Verantwortung erstatten können und darf nicht der Gefahr einseitiger Beeinflussung oder fachlicher Weisungen bei der Erstattung der Gutachten beziehungsweise der Erbringung der Sachverständigenleistungen ausgesetzt sein.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass die Tätigkeit als öffentlich bestellte:r und vereidigte:r Sachverständige:r strikt von der sonstigen unternehmerischen Tätigkeit zu trennen ist (keine gemeinsame Werbung, getrenntes Briefpapier etc.).
4. Nachweis der besonderen Sachkunde (überdurchschnittliche Fachkenntnisse), sowie ständige Fortbildung
Die besondere Sachkunde setzt voraus, dass der/die Bewerber:in in dem Beruf, in dem die Sachverständigentätigkeit ausgeübt werden soll, über hervorragende Fachkenntnisse verfügt und in der Lage ist, die Arbeiten anderer sachverständig zu begutachten und das Ergebnis der Begutachtung für den Auftraggeber verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu erläutern. Erwartet wird ein das Meisterprüfungswissen übersteigendes Wissen.
Der Nachweis der besonderen Sachkunde ist durch den/die Sachverständige/n zu führen. Er ist nicht schon dadurch erbracht, dass er/sie seinen/ihren Beruf in fachlicher Hinsicht bisher ordnungsgemäß ausgeübt hat. Schriftliche Unterlagen allein reichen zum Nachweis der besonderen Sachkunde in aller Regel nicht aus.
Diese besondere Fachkunde wird nach einem von den Handwerkskammern ausgearbeiteten Verfahren, das neben der Erstellung eines Probegutachtens und eines schriftlichen Tests auch ein mündliches Fachgespräch vor einem kompetenten Ausschuss vorsieht, durch die Handwerkskammern mit Unterstützung des zuständigen Fachverbands festgestellt.
Aber auch nach der erfolgten Bestellung ist der/die Sachverständige verpflichtet, sich nachweislich kontinuierlich fortzubilden (in der Regel 2-3 Tage pro Jahr).
5. Vorliegen der erforderlichen Einrichtungen
Der/die Sachverständige muss über die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellte:r Sachverständige:r erforderlichen Einrichtungen verfügen können. Hierzu ist eine geeignete Grundausstattung nötig. Das bedeutet aber nicht, dass er/sie alle technischen Einrichtungen selbst zu Eigentum erwerben muss; es reicht vielmehr aus, dass die erforderlichen Einrichtungen in einer Weise zur Verfügung stehen, dass der Zugriff, soweit erforderlich, jederzeit möglich ist und Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet werden.
6. Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse (evtl. Schufa-Auskunft)
Der/die Sachverständige darf weder für sich oder Dritte eine Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO abgegeben haben, darf weder persönlich noch für einen Dritten im Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen sein, und es darf kein Antrag auf Abgabe eines Vermögensverzeichnisses vorliegen. Zweifel daran, ob der/die Sachverständige in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, sind insbesondere dann angebracht, wenn er/sie von einem Insolvenzverfahren betroffen war oder ist.
Zudem hält die für das Bestellungsverfahren zuständige Abteilung hausintern Rücksprache mit der Beitragsabteilung der Kammer.
7. Rechtskundliche Schulungen
Neben dem hohen fachlichen Wissen muss der/die Sachverständige auch die mit der Sachverständigentätigkeit zusammenhängenden rechtlichen Grundlagen beherrschen. Hierzu werden die erforderlichen rechtskundlichen Schulungen bei der von allen nordrhein-westfälischen Handwerkskammern getragenen Akademie des Handwerks auf Schloss Raesfeld durchgeführt. Die zwei Wochenendseminare schließen mit einem Multiple-Choice-Test ab. Die Teilnahme an diesem oder einem anderen, von den Kammern anerkannten Seminar ist verbindlich.
Quelle: Handwerkskammer Dortmund, Stand: 2022
Wir, die Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld, (Tel.: 02865 6084-35) informieren Sie gerne zu Fragen über Details unserer Seminare, die Sie auf die Bestellung vorbereiten.
Zu unseren Seminaren
Ihr direkter Ansprechpartner für die Bestellung ist immer die Handwerkskammer (Abteilung Sachverständigenwesen), in deren Bezirk Sie tätig sind bzw. in deren Bezirk Ihr Hauptwohnsitz liegt.
Ich bin öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, weil …
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