Grundlegende Gedanken zur Fortbildung “Geprüfte:r Restaurator:in im Handwerk“ von Eckard Zurheide
Um das Restaurieren ranken sich viele Ansichten. Dies kann kaum verwundern, denn Restaurierung bewegt sich im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Profession. Doch auch in der Geschichte der Denkmalpflege und je nach Profession wird „Restaurierung“ recht unterschiedlich definiert.
Auf der einen Seite steht das öffentliche ästhetische Empfinden und die Erwartungen der breiten Öffentlichkeit an das Ergebnis einer Restaurierung (“erstrahlt in neuem Glanz“).
Auf der anderen Seite stehen häufig spezifische auf ein Restaurierungsobjekt bezogene Betrachtungs- und Herangehensweisen der Denkmalpfleger und Restauratoren, die gealterte Originale und Geschichtsspuren erhalten (“restaurieren heißt nicht wieder neu machen“).
Restaurierung umschreibt ein sehr breites Betätigungsfeld. Den darin zusammengefassten Tätigkeiten ist gemeinsam, dass sie – in unterschiedlichen Intensitäten – “Hand anlegen“ an historische Objekte von kulturellem Wert.
Zu diesen historischen Objekten von kulturellem Wert zählen neben den weithin sichtbaren Baudenkmälern auch deren Ausstattungen und eine kaum überschaubare Vielfalt beweglicher Gegenstände. Sie sind, wie es der Fachjargon nennt, “Materielles Kulturgut“ – und wurden in der Regel geschaffen von Handwerkern vergangener Zeiten. Für unterschiedlichste Akteure eröffnen sich die Aufgaben der Restaurierung, hier im Besonderen für die qualifizierten Fachkräfte und Spezialisten aus dem Handwerk.
Die Aufgaben für das restaurierende Handwerk zur Restaurierung von materiellem Kulturgut unterscheiden sich zum Teil erheblich von den im heutigen Baugeschehen üblichen fachlichen und unternehmerischen Anforderungen:
- Restaurierung ist kein standardisierbarer Vorgang. Zudem wird der Begriff in der Geschichte der Denkmalpflege und je nach Profession recht unterschiedlich definiert.
- An erster Stelle verlangt der Umgang mit erhaltungswürdigem Originalbestand den gebührenden Respekt vor der Substanz als Bedeutungsträger. Restaurieren setzt somit ein tiefes Verständnis für den kulturellen und historischen Wert des Objektes voraus.
- Konsequenterweise wird für jedes zu restaurierende Objekt eine spezifische Vorgehensweise entwickelt, die ausgehend von einer mal mehr, mal weniger umfangreichen Bestandsaufnahme die angemessenen und/oder notwendigen Restaurierungsmaßnahmen zur Erhaltung des Zeugniswertes festlegt. Es bedarf dazu der Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen.
- Vom denkmalpflegerischen Ansatz ausgehend umfasst die Restaurierung alle Maßnahmen, die beschädigte, veränderte, in ihrer ästhetischen Erscheinung beeinträchtigte oder als Geschichtsdokument nicht mehr lesbare Kulturgüter wieder erfahrbar machen. Besondere Herausforderungen stellen sich immer dann, wenn darüber hinaus eine Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit angestrebt wird.
- Grundsätzlich gilt: Restaurierungen sollten reversibel ausgeführt werden, das heißt ohne Beschädigung des originalen Objektes wieder rückgängig gemacht werden können.
- Abhängig von der objektspezifischen Zielsetzung kann Restaurierung über Konservieren, Pflegen und behutsames Wiederherstellen hinaus gehen und in einzelnen Fällen neben den eigentlichen Restaurierungsmaßnahmen auch bedeuten, zu ergänzen, zu reparieren, auszutauschen, zu erneuern, zu kopieren oder zu rekonstruieren.
Vielfältige, spannende und immer wieder neue Aufgaben stellen sich den restaurierenden Handwerkerinnen und Handwerkern. In diesem Sinne verstehen wir auf Schloss Raesfeld die Fortbildung zum/ zur geprüften Restaurator/in im Handwerk als eine lebendige Auseinandersetzung mit Wertvorstellungen unserer Handwerkskultur und mit Handwerkstraditionen. Wertvorstellungen, um die Einzigartigkeit jedes von Handwerkern geschaffenen Denkmals zu würdigen und die historische bzw. künstlerische Aussage eines Denkmals und seiner Teile als materiellen Bedeutungsträger für Gegenwart und Zukunft zu begreifen. Handwerkstraditionen sichern den sensiblen, einzelfallorientierten Umgang mit gealterten historischen Materialien und sie überliefern das immaterielle Kulturerbe „Alte Handwerkstechniken“.